Im September 2010 wurde IEEE 802.3az als ein Standard für ein energieffizienteres Ethernet veröffentlicht, welcher von vielen Herstellern, schon vorab als Green Ethernet vermarktet wurde. Ziel sollte sein 50% oder mehr an Energie pro Ethernet Port einzusparen und das unter Berücksichtigung von Abwärtskompatibilität und keinerlei Beeinträchtigungen der Betriebsstablilität.
Die besinnliche Zeit um die Jahreswende und durch aktuelle Wetter und Klimaereignisse in der Realität und Politik gaben den initialen Gedankenanstoß sich mal damit zu beschäftigen ob denn 802.3az das Zeug dazu hat einen kleinen Betrag dazu zu leisten den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen ein klein wenig zu reduzieren.
Ob und wie viel es bringt erfahrt Ihr in diesem „Aus den teamix Labs“ Blog Artikel.
00: Über Standards und Nicht-Standards
Bei „normalem“ Ethernet werden unabhängig vom aktuellen Verkehrsaufkommen und realer Kabellängen der physikalische Link durch den PHY immer mit für die Maximalwerte des Standards (100/1000/10G) online gehalten. Beides bedarf verständlicherweise einiges an Energie.
- Durch 802.3az standardisiert:
Port in „PowerSave Modus“ bringen, wenn gerade nichts übertragen wird. Hierzu werden, nachdem entschieden wurde einen Port in den Energiesparmodus zu bringen, eine Zeit lang LPI Requests (LPI = Low Power Idle) geschickt und danach der Sender abgeschaltet.Damit eventuell auftretende Kabelfehler erkannt werden, werden in regelmäßigen Abständen „Refresh“ Signale geschickt.
Zur Reaktivierung des Ports, weden normale IDLE-Signale zum „Aufwachen“ geschickt, bis der Link wieder hergestellt ist. - Nicht durch 802.3az standardisiert:
Eine weitere Idee ist es die Sendeleistung des PHY der realen Kabellänge anpassen, da die maximal spezifizierten 100m Kabelänge in der Praxis selten erreicht werden.Viele Switchhersteller, gerade im Heimanwenderbereich nutzen diese Methode um den Stromverbrauch weiter zu reduzieren.
Mir ist nicht bekannt ob Geräte von Juniper diese Methode ebenfalls nutzen. In der Dokumentation hierzu ist mir zumindest nichts aufgefallen. Sachdienliche Hinweise als Kommentar im Anhang an diesen Artikel sind erwünscht.
01: Versuchsaufbau und Ablauf
Da die Idee, Recherche und Umsetzung dieses Artikels zwischen den Feiertagen und Zuhause stattfand wurde auf einen ausschweifenden Versuchsaufbau verzichtet und sich auf das Wesentliche konzentriert. Eine richtig coole „echte“ wissenschaftliche Abhandlung ist in den Quellen verlinkt.
Daher kam auch nur ein einzelner EX4300-48P Switch mit einem Netzteil zum Einsatz, bei dem mit Hilfe von kurzen Ethernet Kabeln (verwendet als piggy tail) einfach möglichst viele Ports hochgenommen wurden.
02: Durchführung der Messungen
Es wurde ein handelsübliches Energiemessgerät mit Leistungsanzeige verwendet, welches auch schon in anderen Blog-Artikeln zum Einsatz kam.
Da die zu erwartenden Einsparungen pro Port im Vergleich zur Baseline des EX4300-48P nicht sonderlich hoch ausfallen werden, wurden in Summe acht Ports durch vier Cross Kabel kurzgeschlossen um in den Bereich der Messgenauigkeit des verwendeten Messgeräts zu kommen.
04: Ergebnisse
- Leistungsaufnahme mit deaktiviertem 802.3az: 96,0W
- Leistungsaufnahme mit aktiertem 802.3az bei 8 aktiven Ports: 94,6W
- Errechnete Ersparniss pro 1GE Port: 0,175W (sinnvoll gerundet 0,2W)
Hinweis: Da Aufbau und Messung nicht wirklich realitätsnah sind, könnten in der Praxis durchaus andere Einsparungseffekte (besser oder schlechter) auftreten. Ich denke aber, dass man mit dieser Messreihe zumindest eine Idee der Grunddimension der Einsparungen bekommt.
04: JunOS Beispiel-Konfiguration
Unter JunOS muss man ensprechende Konfigurationselemente zu 802.3az unterhalb eines Interfaces setzen. Dies kann natürlich bei vielen Interfacen durchaus zu einer recht langen Konfiguration werden. Daher bietet sich hier die Gelegenheit sogenannte ApplyGroups zu verwenden, welche quasi als Template über die zutreffenden Interfacen gelegt werden:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 |
groups { ieee-802-3az-eee { interfaces { <ge-*/*/*> { ether-options { ieee-802-3az-eee; } } } } } [...] interfaces { apply-groups ieee-802-3az-eee; [...] } [...] |
Mit diesem Beispiel wird bei allen Gigabit-Interfacen 802.3az aktiviert.
Mehr zu ApplyGroups findet man hier.
05: Fazit
„Ernüchternd“ könnte man im ersten Moment sagen, da die aufgerundeten 0,2W pro Port ja nicht gerade der Megaeffekt sind. Rechnet man das Ganze jedoch mal auf die Anzahl der Ethernet Ports hoch die man so am Start hat, kommen durchaus stattliche Summen zusammen.
Bei einem unserer aktuellen Projekte sind kommen wir wir beispielsweise auf folgende Zahlen:
- Gesamtzahl der 1GE Access Ethernetports: 4800
- (Geschätzt) Anteil der aktiven aber nicht genutzten Ports: 50%
- Primäre Einsparungen in W: 4800 * 0.5 * 0.2W = 480W
- Sekundäre Einsparungen (Klima/USV/…) in W: 480W * 0.5(Schätzwert) = 240W
- Gesamte Einsparungen in kg CO2 pro Jahr (bei 600g pro erzeugter kWh): 3.7t
- Gesamte Einsparungen in EUR (bei 25 Ct pro kWh): ca. 1500 EUR
Anhand dieses einfachen Rechenbeispiels kann man sehen, dass man auch mit vermeintlich kleinen Einsparungen über die Zeit und Menge an Ports signifikante Einsparungen erzielen kann.
In eigener Sache: Da die hier vorgestellten Messwerte nicht in der Betriebspraxis erhoben wurden, wäre ich sehr dankbar, wenn jemand belastbarere Zahlen, Messungen – gerne auch zu anderen Gerätschaften – hat und sich bei mir melden könnte. Idealerweise über die Kommentarfunktion dieses Blogs.
06: Links und Quellen
Knowledgebase Artikel von Juniper:
http://kb.juniper.net/InfoCenter/index?page=content&id=KB26258
Wissenschaftliche Arbeit zu dem Thema:
https://www.os3.nl/_media/2011-2012/courses/rp2/p40_report.pdf
Ensprechende Wikipedia Artikel:
https://en.wikipedia.org/wiki/Energy-Efficient_Ethernet
https://de.wikipedia.org/wiki/Energy_Efficient_Ethernet