Datacenter in a Box: Das Setup für den Linux Datacenter Services-Kurs

This entry is part 3 of 8 in the series Unsere Linux-Schulungen

Im ersten Blog-Artikel zum Linux Datacenter Services-Kurs  beschrieb ich den Kurs selbst. Das spezielle und geniale Setup für den Kurs erläuterte ich jedoch nicht im Detail. Daher gibt es in diesem Artikel mehr zum Setup – nicht nur für all die Spielkinder unter uns. Zunächst nochmal eine kleine Zusammenfassung, worum es im Kurs geht.

Der Kurs Linux Datacenter Services

Was brauchen  Linux-Server im Rechenzentrum? Eine Server-Hardware, auf der sie, physikalisch oder virtualisiert laufen und dazu ein passendes Netzwerk-Setup. Da fehlt aber noch was in der Ebene oben drüber: Infrastruktur-Dienste wie DNS, DHCP, LDAP, NFS, Samba und mehr. Im Kurs richten Teilnehmer diese Dienste selbst ein und erfahren deren Funktionsweise in der Praxis. Was funktioniert wie? Was ist speziell zu beachten, damit alles reibungslos läuft? So entwickeln die Teilnehmer ein Verständnis, das über theoretisches Grundwissen hinausgeht, was natürlich ebenso ein Bestandteil des Kurses ist. Mehr dazu im ersten Artikel zum Kurs.

Das Setup

Es macht wenig Sinn, jedem Teilnehmer nur einen Server zur Verfügung zu stellen, um alle Dienste darauf einzurichten. Da es hier um Datacenter-Dienste geht, soll jeder Teilnehmer ein eigenes ausgewachsenes Rechenzentrum bekommen. Dafür einen physikalischen Server pro Teilnehmer bereitzustellen, ist allerdings mehr Aufwand als erforderlich. Was liegt also näher als die wunderbaren Vorzüge der Virtualisierung einzusetzen?

Unser Schulungspartner qSkills verwendet VMware ESXi als Virtualisierungslösung. Ich hab mir indes überlegt, die auf KVM basierende Open Source-Lösung Proxmox Virtual Environment einzusetzen, um jedem Teilnehmer ein eigenes virtuelles Rechenzentrum bereitzustellen. Die Lösung dafür, beide Virtualisierungsumgebungen miteinander zu kombinieren, heißt Nested Virtualization. Alle modernen Prozessoren der x86-Familie unterstützen diese Funktion.

Das Entwicklungssetup für den Kurs: Intel NUC und Omnia Turris Router
Tuxcenter: So klein und doch schon ein Rechenzentrum in einem Rechenzentrum – hier zusammen mit einem Omnia Turris Router

Datacenter in a Box

Um flexibel an jedem Ort dieses Setup entwickeln zu können, verwende ich einen Klein-PC. Der für das Entwicklungssetup zum Einsatz kommende Intel NUC hat mit einer Skylake-CPU, 32 GiB RAM und eine 500 GB Samsung SSD mehr als ausreichende Leistung dafür.

Als Basis-Hypervisor kommt auf dem NUC VMware ESXi 5.5 zum Einsatz. In einer virtuellen Maschine läuft Proxmox VE 4.4. Damit Proxmox auch auf die Virtualisierungsfunktionen des Prozessors zugreifen kann, aktivierte ich die entsprechende Funktion in den CPU-Einstellungen der Proxmox-VM.

ESX Host-Client: CPU-Einstellungen für Proxmox-VM
Nur mit aktivierter hardware-gestützter Virtualisierung für die Proxmox-VM kann diese das Intel-KVM-Kernel-Modul laden

Eine passende Konfiguration des virtuellen Netzes diente dazu, das Proxmox-Rechenzentrum vom Netz des Schulungszentrums abzuschotten.

Proxmox Virtual Environment

Proxmox VE ist eine Virtualisierungslösung der in Österreich ansässigen Firma Proxmox Server Solutions GmbH. Die Community Edition eignet sich hervorragend für die Zwecke des Kurses. Sie bietet neben all den Diensten, die für die Verwaltung von VMs erforderlich sind, auch eine Web-Oberfläche, in der Teilnehmer dann ihre eigenen VMs verwalten können.

Anstatt die Lösung direkt von bereitgestellten ISO-Image zu installieren, installierte ich zunächst Debian 8 aka Jessie. Dann fügte ich die Paketquelle für die Proxmox-Pakete hinzu. Dieses angepasste Vorgehen hatte zur Folge, dass die Tastaturbelegung für die VM-Konsolen nicht auf deutsch eingestellt war. Dies holte ich in der Konfigurationsdatei /etc/pve/datacenter.cfg nach. Später sah ich, dass diese Einstellung auch über die Web-Oberfläche zugänglich ist.

Ansonsten waren keine weiteren Anpassungen erforderlich, um mit dem Erstellen von VMs und VM-Vorlagen loszulegen. Da alle unsere Schulungen distributions-übergreifend (https://blog.teamix.de/2016/04/28/mit-unseren-schulungen-zum-linux-superheld/) sind, verfügt das virtuelle Rechenzentrum über folgende VM-Vorlagen und ISO-Installations-Images:

Proxmox-Weboberfläche: Neue VM anlegen
So leicht gelingt es einer Teilnehmerin eine neue VM anzulegen
  • Debian 9 aka Stretch
  • Centos 7.3
  • SLES 12 SP 2

Der Proxy

Ganz komplett ist das Setup damit noch nicht. Im Kurs richten die Teilnehmer auch den DHCP-Dienst ein. Es braucht wenig Fantasie sich vorzustellen, was die Administratoren im Schulungszentrum dazu sagen würden, falls plötzlich mehrere zusätzliche DHCP-Server im Netz einen Wettkampf um Clients veranstalten. Daher war klar, das Proxmox-Rechenzentrum in einem internen Netz zu betreiben, das von außen nicht zugänglich ist.

Somit musste eine zweite ESXi-VM her, die als Proxy dient. Dort läuft ein Debian 9 als Netzwerk-Gateway. Auf der VM konfiguriert Ferm einen einfachen Paketfilter mit NAT. Den Zugriff auf die Proxmox-Weboberfläche organisiert ein via Nginx realisierter Reverse Proxy. Proxy- und Proxmox-VM sind im selben internen Netz, nur die Proxy-VM hat ein Beinchen ins externe Netz in meinem Home Office oder im Schulungszentrum.

Die Entscheidung für ein internes Netz hat einen weiteren wesentlichen Vorteil: Alle Teilnehmer finden exakt die gleiche Umgebung mit exakt den gleichen IP-Adressen vor. Dadurch ist es möglich, die Proxmox-VM jederzeit durch eine neuere Version auszutauschen, ohne irgendwo anders Anpassungen vorzunehmen.

Zusätzlich dazu gibt es ein Referenz-Setup mit allen Diensten. Dazu klonte ich die bis auf VM-Vorlagen und ISO-Images noch leere Proxmox-VM, legte die passenden virtuellen Maschinen an, richtete die Dienste ein, erstellte die Musterlösungen usw.

Proxmox-Weboberfläche: Übersicht Proxmox-Host für Referenz-Setup mit Daten zur CPU-, Speicher- und I/O-Auslastung
Besser 12 statt 8 GiB für Proxmox? Referenz-Setup mit 18 Linux-VMs: Proxmox aktivierte Kernel Samepage Merging (KSM), das 3,55 GiB des von virtuellen Maschinen gemeinsam genutzten Speichers deduplizierte

Praxiserfahrungen

Ein Import in die ESXi-Umgebung im Schulungscenter gelang reibungslos mit den üblichen VMware-Werkzeugen. Während der Entwicklung konnte ich Erfahrungen mit ESXi und mit Proxmox sowie deren Administration von Linux aus machen. Beide Virtualisierungslösungen funktionierten erwartungsgemäß zuverlässig.

Bei Proxmox überzeugte sowohl der Zugriff via Befehlszeile als auch die Web-Oberfläche. Für die Befehlszeile verwundert das nicht, läuft Proxmox doch auf einem vollwertigen Linux-System. Aber auch die mitgelieferte Web-Oberfläche wirkte überzeugend vollständig. Die Konfiguration der VMs liegt in einfachen Textdateien, die im etwaigen Clusterbetrieb das FUSE-Dateisystem Proxmox Cluster Filesystem (pmxcfs) auf die einzelnen Hosts repliziert.

Auf ESXi-Seite hatte ich es mit einigen Einschränkungen zu tun, da ich kein vSphere einsetzte. Bei noch fehlender Funktionalität des Host Clients griff ich auf die ESXi-Shell zurück. So lernte ich auch, eine VM mit vmkfstools zu klonen. Für das inkrementelle Backup mit Linux-Bordmitteln suche ich derzeit noch nach einer Lösung. Mit Rsync klappt es aufgrund der geringen Speicherzuteilung für die ESXi-Shell-VM nur mit Einschränkungen und andere Lösungen, die ohne vSphere auskommen, fand ich wenig überzeugend. Derzeit tendiere ich dazu, den Inhalt der VMs inkrementell direkt mit Rsync abzugreifen.

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Martin Steigerwald

Martin Steigerwald beschäftigt sich seit Mitte der 90er Jahre mit Linux. Er ist langjähriger Autor von Artikeln für verschiedene Computer-Magazine wie die LinuxUser (linuxuser.de) und das Linux-Magazin (linux-magazin.de). Seit Herbst 2004 ist er als Trainer für Linux-Themen bei Proact Deutschland in Nürnberg tätig.

 
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